Deutsche Dogge – Das Fundament der Welpenerziehung

Urgroßmutter Indra zusammen mit Urenkel Nino

Anlass dieses Artikels sind einige erschütternde Beiträge vom Herrn Martin Rütter zum Verhalten von schlecht erzogenen oder schlecht veranlagten  Deutschen Doggen. Ich stehe als Züchter ohne wenn und aber hinter den Ausführungen von Herrn Rütter.

In  25 Jahren Doggenzucht habe ich 7 Doggengeneration aufgezogen und in den meisten Fällen bis zu einem zweistelligen Seniorenalter begleitet. Dabei konnte ich grundsätzlich immer die Entwicklung eines Teils der Geschwister verfolgen. Aus diesem Grund glaube ich, auf folgendes verweisen zu können:

Es war immer wieder auffällig, dass auf die Stellung des Halters als Rudelführer hingewiesen werden musste.

Wenn die Deutsche Dogge später in der Öffentlichkeit aufs Wort hören soll, sollte man den Grundstein  dafür bereits in der 1. Woche nach Welpenübernahme legen. Der Welpe hat mit rund 9 Wochen einen neuen Besitzer und sollte dann eine positive, sehr enge Bindung an die neue Familie aufbauen.  Doggenrüden suchen sich größtenteils selbst ihren Rudelführer aus. Das wird in der Regel immer der ausgeglichene, selbstsichere und ruhige Nerventyp sein. Mit Haltern, die Angst haben mit einer Dogge in Berlin im Berufsverkehr über eine Kreuzung zu gehen, können Deutsche Doggen nichts anfangen. Welpen, auch ausgewachsene Doggen, brauchen Sicherheit und Orientierung.

Die Erziehung im Welpenalter erfolgt über eine enge Bindung des Welpen ans neue Herrchen. Der Aufbau einer Bindung zu einer fremden Person ist eine neue Qualität im Leben des Doggenwelpen. Die Qualität dieser neuen Bindung ist das Fundament für die Erziehung zu diesem frühen Zeitpunkt.

Am schnellsten und einfachsten erreicht man eine enge Bindung durch regelmäßiges Füttern aus der Hand. Dadurch entwickelt sich sehr schnell eine starke Bindung. Lässt man den Welpen ohne Leine, auch außerhalb des Grundstückes mitlaufen, so wird ebenfalls die Bindung gefördert. Der Welpe muss sich ohne Leine immer wieder an sein Herrchen orientieren. Jetzt wird der Welpe deutlich mehr gefordert. Für den Rückruf ruft man den Doggenwelpen an sich ran und füttert ihn. Nach einigen Tagen, wenn alles halbwegs funktioniert, wird behutsam die Leine eingeführt. Unterordnungsübungen in Richtung Drill oder Abrichtung sind in diesem Alter völlig daneben. Die Dogge muss immer positiv motiviert werden.

Woran erkennt man Bindung?

Die Dogge verhält sich wie der eigene Schatten. Steht man auf, steht die Dogge auf. Verlässt man den Raum, ist die Dogge eng bei Fuss. Die Dogge leidet regelrecht unter Trennung. Man kann auch sagen, dass der Welpe sich völlig auf sein Herrchen synchronisiert. Die Dogge lernt dabei auch sehr gut die Körpersprache zu lesen. Der Hund strebt mehr oder weniger das absolute Team an und übernimmt automatisch auch Wertvorstellungen seines Herrchens. 

Doggenwelpen machen in der Regel deutlich besser mit, als Doggen im jugendlichen Alter. Das heißt, man kommt deutlich weiter, wenn man unsere geliebten Vierbeiner sehr früh, zum Beispiel auch an nervliche Belastungen heranführt. Bei älteren Doggen kann es unter Belastung schnell zu Blockaden kommen. Beispiel: Die Dogge steht vor einer Treppe und lässt sich nicht dazu bewegen irgendeinen Schritt zu machen. Man kann darüber denken wie man will, solche Deutschen Doggen sind weder für den Urlaub noch als Begleithund geeignet. Es ist ganz einfach nicht möglich seinen Urlaub nur in Feld und Flur abseits jeglicher Zivilisation durchzuführen. Etwas mehr sollte der Apoll unter den Hunderassen schon drauf haben. Was das Treppensteigen anbetrifft: Ich kenne keine Deutschen Doggen, die permanent gezwungen werden Treppen zu steigen. Ich kenne aber Deutsche Doggen, die beim Toben eine Spitzengeschwindigkeit von knapp über 50 km/h erreichen. Nur so etwas finden nicht wenige Halter absolut toll. Auch für die Deutsche Dogge gilt: F = m · a      Kraft ist Masse mal Beschleunigung.

Der oben abgebildete Welpe „Nino“ ist ein gutes Beispiel für Frühförderung. Nino hatte sehr zeitig einen Weihnachtsmarkt (Nähe Berlin Jannowitzbrücke) mit vielen Fahrgeschäften kennengelernt. Auf Weihnachtsmärkten findet man fast alles, um die Nervenstärke einer Deutschen Dogge zu testen, oder zu trainieren. Kleine Karussells sollten keine Belastung darstellen. Bei Hochfahrgeschäften, wo sich etwa 20 Personen gleichzeitig aus rund 70 m Höhe kreischend nach unten fallen lassen, sieht es schon anders aus.  Bei schlechten genetischen Voraussetzungen wird der Weihnachtsmarkt gar nicht erst betreten. Bei veranlagter Wesensfestigkeit kann man dort durchaus einen Rundgang machen, ohne gleich ein sehr lautes Hochfahrgeschäft anzusteuern.

Nino ist jetzt, im Alter von 3 Jahren, eine absolut schussfeste Deutsche Dogge. Da  er sehr gut hört, kann man ihn  zum Beispiel zum Jahreswechsel auch ohne Leine laufen lassen. Wenn auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Feuerwerk abgebrannt wird, bleibt er ruhig und gelassen, kein Zittern, keine erhöhte Herzfrequenz. Sicher ist das ein Ergebnis gezielter Zucht und gezielter Selektion. Die Frühförderung im Welpenalter spielt aber trotzdem eine wesentliche Rolle. Eine positive genetische Veranlagung muss aktiviert werden, ohne dem geht es nicht. Es ist ein Märchen, wenn Züchter behaupten, dass Zucht alles ist. Wir haben es mit Lebewesen zu tun, die einen Lernprozess durchmachen.  Gene sind Erbanlage, Erbfaktor oder ein Programm, Hunde aber keine programmierte Roboter. Die Wissenschaft, die das alles erklärt, ist die Epigenetik.

G. Dießel