„Survival of the Fittest“ und Deutsche Doggen.

Jungrüde u. Urenkel Nino zusammen mit Urgroßmutter Indra

Es handelt sich bei dem Titel des Beitrages um eine Formulierung von Herbert Spencer in Zusammenhang mit der Evolutionstheorie von Charles Darwin auf der Basis der natürlichen Selektion.

Gemeint ist hier nicht das Überleben der Stärksten sondern das Überleben der am besten Angepassten.

Genau im entscheidenden Punkt, der natürlichen Selektion, gibt es Anknüpfungspunkte im Zusammenhang mit der von mir praktizierten Heterosiszucht (Hybridzucht) bei den Deutschen Doggen vom Gehrensee. Die  natürliche Selektion und die damit verbundene reproduktive Fitness bei Wildtieren ist in der Zucht nicht eins zu eins anwendbar. Über eine umfangreiche allgemeine Leistungsermittlung ist allerdings auch bei Hundewelpen eine genetische Vielfalt erkennbar. Extreme Leistungssteigerungen  von einzelnen Nachkommen gegenüber der Elterngeneration nennt man Heterosis oder Heterosis-Effekt. Heterosis ist nicht vererbbar und betrifft nur eine absolute Minderheit der Nachkommen. Als Züchter habe ich auf Heterosis-Hündinnen selektiert.

Diese Hündinnen haben ein zweistelliges Lebensalter erreicht. Sie hatten und haben niedrige Tierarztkosten, das Fundament dieser Doggen ist deutlich besser, sie sind souverän, nicht aggressiv und sie sind definitiv intelligenter als Inzuchtdoggen.

Diese Zuchtmethode unterscheidet sich deutlich von der VDH-Championzucht über „Popular Sire“.  Bei der Heterosiszucht geht es um eine Erhöhung der genetischen Vielfalt u.a. durch Rekombination der Erbanlagen i.V.m. Crossing-Over während der Meiose. Bei der allgemein propagierten mäßigen Inzucht ist Heterosis ausgeschlossen. Die im VDH/Kydd praktizierte Mischung der Fellfarben ist für den gefleckten Farbschlag der Deutschen Dogge definitiv keine Alternative. Es sei denn, man ersetzt im Standard die weiß-schwarz gefleckte Harlekindogge durch den Grautiger.

Heterosis- oder Hybridzucht ist eine eindeutige Abkehr von der Championzucht. Damit gewinnt man keine Freunde bei den Zuchtfunktionären. Immerhin sind die Hundeausstellungen und damit die Championzucht das finanzielle Rückrad der Zuchtvereine.

Mit diesem Zuchtmodell wurde von mir nichts Neues erfunden. Es wurden nur die Erfahrungen anderer Züchter aus anderen Sparten auf die Hundezucht übertragen. Hybridzucht ist kein neuer züchterischer Weg in der Leistungszucht. Was vielleicht weniger bekannt ist, ist die Tatsache, dass man nicht unbedingt Rassen kreuzen muss um den Heterosis-Effekt zu erzielen. Am Institut für Bienenforschung in Hohen Neuendorf wurden bereits zu tiefsten DDR-Zeiten die österreichische Carnica-Linie „Steirische Imkerschule“ mit den DDR-Carnica-Linien „Kinder“ und „Kummer“ erfolgreich über Kombination und Rotation gekreuzt. Erfolg bedeutete damals Sanftmut i.V.m. einer Honigleistung von mehr als 50 kg Honig pro Bienenvolk im Jahr.
Bereits als Oberschüler hatte ich Kontakt zu den Wissenschaftlern, um Prof.Dr.habil.Grete Meyerhoff, am Institut für Bienenforschung der Humboldt-Universität Berlin. Grete Meyerhoff war die „Bienenmutter“ der DDR. Sie hatte beste Kontakte nach Österreich. Ihr Ziel war es aus derm Gebiet der DDR ein Reinzuchtgebiet der österreichischen Carnica-Biene zu machen. Die einheimische dunkle Biene sollte durch die Carnica komplett ersetzt werden. Dafür gab es absolut logische Gründe. Das ehemalige Ostdeutschland war von relativ geringer Größe. Die Imkerzahl und die Honigproduktion waren sehr hoch. Der Absatz des losen Honigs für 14 Mark der DDR pro kg war sehr gut. Absatzprobleme gab es nicht. Es wurden relativ viele Belegstellen für eine sanftmütige, fleißige Biene benötigt. Da war die österreichische Carnica absolut erste Wahl. Durch beste Kontakte unseres Biologielehres zum Institut bestand für mich auch die Möglichkeit im Fach Biologie meine schriftliche Abiturarbeit als Belegarbeit für das Forschungsinstitut über die Nosematose der Honigbiene anzufertigen.

Nach der innerdeutschen Wende wurde ich Halter einer VDH/DDC Dogge. Der erste Kontakt als Aussteller mit den damaligen Spitzenleuten der Doggenzucht wie z.B. Herrn Winfried Nouc war mehr als ernüchternd. Das Ganze fühlte sich an wie eine Reise auf einen anderen Planeten. Teilweise hatte ich den Eindruck, das manche Leute aus den alten Bundesländern glaubten Menschen aus Ostdeutschland, selbstverständlich sehr freundlich, als Underdog behandeln zu müssen. Fachliche Diskussionen wurden abgebrochen, das Hinterfragen von bestimmten Sachverhalten wurde als feindliches Verhalten bewertet. Wenn ich dann immer wieder den Spruch zur Wende: „Willkommen in der Nachbarzelle“ am Giebel eines Kreuzberger Hauses vor Augen hatte, konnte ich mir in solchen und ähnlichen Situationen ein Lächeln nicht verkneifen.

 

G. Dießel

 

Infos:

Tiergesundheit – Reproduktive Fitness

Bienenzucht:

Neukombination des Erbgutes

Pflanzenzucht:

Heterosis

Tierzucht:

Hybridzucht und Heterosis bei Milchkühen

Wildtiere:

Inzuchtdepression beim Rothirsch

 

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